Wonach schmeckte Deine Kindheit?

Inspiriert von Doris Dörries Buch Die Welt auf dem Teller hat Wibke Ladwig ein „Blogstöckchen“ in den virtuellen Raum geworfen. Eine Woche lang stellt sie täglich eine Frage zum Thema Kochen und Essen, die alle, die sich bemüßigt fühlen, in irgendeiner Form beantworten können. Schlauerweise hat sie sich für die Aktion den Diogenes Verlag als Unterstützung ins Boot geholt. Eine sehr schöne Aktion, bei der ich gerne mitmache. Mehr dazu hier.

Mir gefällt das Thema, habe ich mich doch, nicht zuletzt bedingt durch Corona, in den letzten Monaten mehr mit dem Kochen beschäftigt. Nicht dass ich früher nicht auch schon gerne gekocht hätte, ich war jedoch wenig einfallsreich und risikoscheu, außerdem oft schlicht unfähig. Jetzt traute ich mich auch an Sachen, die mir bislang unvertraut waren. Die Ergebnisse poste ich anschließend auf Facebook, incl. des Weins den ich getrunken und der Musik, die ich beim Kochen gehört habe. Für mich gehört das alles zusammen. Eigentlich kann ich nicht kochen, zu oft habe ich irgendwas verkocht, in der Pfanne über Gebühr geschwärzt oder im Ofen vertrocknen lassen. Aber ich lerne. Nicht zu viel Hitze und nicht zu viel Öl, damit fahre ich mittlerweile ganz gut. Improvisationsküche nenne ich die ganze Angelegenheit, weil mich Rezepte nicht so besonders interessieren, insbesondere Mengenangaben. Ich schaue dort nach den Basics, der Rest ergibt sich. Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass ich meine Küche nicht mag. Es ist kein Platz für einen Tisch und die Arbeitsfläche ist sehr schmal. Außerdem steht der Herd links vom Schneidebrett, was ich, als Rechtshänder, sehr lästig finde. Zu allem Überfluss ist die Ceran-Kochfläche, aus Gründen, die nur der Vormieter kennt, schräg. Langsam gewöhne ich mich dran. Aber immerhin ist der Ausblick aus dem Fenster schön.

Die erste Frage, die Wibke stellte, lautete: „Glück, Heimat, Trost, Abenteuer oder „Igittigitt“: Wonach schmeckte Deine Kindheit?“

Das ist für mich gar nicht so leicht zu beantworten, denn meine Kindheit hatte vielerlei Geschmäcker. Meine Mutter war eine recht gute Köchin (mein Vater hingegen war nicht mal in der Lage ein Spiegelei zu braten), die ein gewisses Repertoire an Gerichten beherrschte, die in schöner Regelmäßigkeit immer wieder auf dem Tisch landeten. Sie machte Sachen, die heute weitgehend vergessen sind, Grüne Bohnen sauer einwecken z. B. Die wurden dann als Saure Bohnen mit Salzkartoffeln und Speck serviert. Eine Köstlichkeit sondergleichen. Sehr gut waren auch ihr Hühnerfrikasse und die Königsberger Klopse. Beides habe ich geliebt. Als ich mich eines Tages an Frikasse versuchte, war ich enttäuscht. Ich kam nicht annähernd an den Geschmack heran, den meine Mutter gezaubert hatte und der mir vorschwebte. Manchmal blieb die Küche auch kalt. Etwas Besonderes war es dann, wenn Tartar besorgt wurde. Das auf frischem Brot, köstlich. Dazu gab es merkwürdigerweise immer Kakao, aufgekocht mit richtigem Pulver. Instantzeug gab es damals noch nicht, und wenn doch, dann gab es das bei uns nicht. Der Nachteil war, dass der Kakao von einer unappetitlichen Haut überzogen war. Das hat das Vergnügen doch merklich geschmälert. Bei Süßkram denke ich sehr gerne an den Griesbrei mit Pflaumenkompott. Auch das habe ich seit Kindertagen nicht mehr gegessen.

Ein besonderer Festtag aber war, wenn meine Mutter Schinkennudeln auf den Tisch brachte. Sie nutzte dazu einen Topf aus feuerfestem Glas. Dort füllte sie die vorgekochten Bandnudeln ein, gab Sahne, gewürfelten Kochschinken und Gewürze bei, rührte um und stellte den Topf in den Backofen. Oben bildete sich dann eine köstliche, knusprige Kruste, die von allen sehr begehrt war. Im Innern waren die Nudeln schön saftig und flutschig. Dazu gab es immer einen grünen Salat, der leicht gezuckert sein musste. Es war immer wieder ein Fest. Meine Mutter jedoch mochte keine Nudeln. Ihre Leibspeise waren Kartoffeln. Mit einem Teller voller Erdäpfel, etwas Soße und Gemüse war sie glücklich. Den Glastopf habe ich aus dem Nachlass meiner Eltern gerettet und benutze ihn sehr gerne. Schinkennudeln fanden bislang in der Improvisationsküche noch nicht statt, das wird aber demnächst nachgeholt.

Der Glastopf

Ein anderes Fest waren ihre eingelegten Heringe. Sie füllte dazu einen schmalen, hohen Steinguttopf mit den Heringen, Sahne, Zwiebeln, Gurken und Gewürzen und ließ das alles eine Weile ziehen. Auf den Teller kam diese kulinarische Sensation in Begleitung von Salzkartoffeln und Butter. Um den Inhalt auf die Teller zu verteilen, nutze sie einen langen schmalen Löffel, dessen Griff das Wort „Weck“ zierte. Vielleicht ein Löffel, um beim Kochen von Marmelade die Fruchtmasse umzurühren. Ich habe keine Ahnung. Topf wie Löffel befinden sich heute ebenfalls in meiner Küche, der erste beherbergt Kochlöffel und anderes Werkzeug, der Löffel fristet wohl behütet seinen Ruhestand. Heringe werde ich sicherlich niemals einlegen, ich liebe aber nach wie vor Matjes Hausfrauenart.

Der Steinguttopf

Guten Appetit.