Was bedeutet Kochen und Essen im Alltag für Dich?

Teil zwei des Blogstöckchens „Die Welt auf dem Teller“, das Wibke Ladwig in den Ring geworfen hat.

Ich schreibe dies, nachdem ich was vom Vortag aus dem Kühlschrank in die Pfanne geworfen, aufgewärmt und lustlos verzehrt habe. Also, ich hatte weder Lust zu kochen noch zu essen. Es musste sein, ich hatte Hunger. Es hat nicht so besonders geschmeckt, aber ich war satt und musste nichts wegwerfen.

Ansonsten ist die Frage eine schwierige und komplexe, die ich nicht eindeutig beantworten kann. Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass ich nicht kochen kann. Niemand hat es mir beigebracht. Daher passt die oben erwähnte Speise ganz gut zu mir.

Zu oft habe ich Sachen verbrennen oder verkochen lassen. Ich lasse mich zu gerne ablenken. Wenn die Spaghetti zum Beispiel köcheln, ebenso die Soße im Topf, lasse ich mich auch mal verleiten, an den Computer zu gehen. Es könnte ja was passiert sein. Dann lese ich mich irgendwo fest, bis ich mich an das Essen auf dem Herd erinnere. Meist sind dann die Nudeln verkocht und die Soße angebrannt. Dergleichen ist mir schon relativ häufig passiert. Das landet dann im Müll und ich mache Spiegeleier.

Oft habe ich keine Lust zu kochen. Dann geh ich zum Italiener und ess ne Pizza. Gelegentlich mag ich auch nicht essen, spüre nur die Notwendigkeit. Wenn ich zu faul zum Kochen bin, aber doch was essen will, aber nicht schon wieder zum Italiener (kostet ja auch immer Geld), begnüge ich mich oft mit Käse, Baguette oder Grissini und Rotwein. Ein paar Oliven ergänzen das karge Mahl. Außerdem erinnert mich das an Frankreich. Das empfinde ich als ungemein entspannend. Gute Musik dazu, das hat was. Oder ich mache mir eine Fischkonserve auf. Habe ich immer da, Ölsardinen, Thunfisch, Makrelen. Alles köstlich. Außerdem lässt sich aus Thunfisch mit ein paar Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch auch mal schnell eine leckere Spaghettisoße basteln. Geht natürlich auch ohne Thunfisch.

Käse und Rotwein

Vielleicht muss ich sagen, dass ich alleine wohne. Ich kann nicht für nur eine Person kochen, es sei denn Spaghetti Aglio e Olio, mein geheimes Lieblingsgericht. Aber selbst das misslingt mir gelegentlich. Ich koche immer zu viel. Mein Gefrierfach ist voll mit Tupperdosen, in denen irgendwas drin ist. Was das ist, muss ich oft raten, denn ich beschrifte die Behälter nicht. Für mich alleine zu kochen ist kein Problem, das kenne ich schon lange. Und jetzt komme ich zum ersten Teil der Frage.

Seit dem ersten Shutdown im Frühjahr 2020, habe ich viel öfter gekocht. Das Beste was ich tun konnte. Nicht die schlechteste Art, sich die Zeit zu vertreiben. Irgendwann hat sich daraus die Improvisationsküche entwickelt. Die Ergebnisse poste ich auf Facebook. Es gibt Leute, denen gefällt das. Die Improvisationsküche macht wirklich viel Spaß. Sie heißt so, weil ich mich nicht zum Sklaven von Rezepten mache. Wenn ich mal was wissen will, dann frage ich beispielsweise auf Twitter, ob Knoblauch besser geschnitten oder gepresst werden soll. Die Antworten waren eindeutig, geschnitten. Seitdem mache ich das nur noch so. Durch die Improvisationsküche lerne ich. Wenn was schief geht, dann weiß ich mittlerweile, wieso es schief ging und was ich beim nächsten Mal besser machen muss. Ich traue mich in der Improvisationsküche auch gerne an bislang unbekannte Speisen. Irgendwann stieß ich zufällig auf Hähnchenpiccata. Ich hatte das noch nie gehört, es klang aber verlockend. Also habe ich es ausprobiert, es ist gelungen und war köstlich. Ein Fest.

Kochen ist aber weit mehr als der eigentliche Vorgang in der Küche. Kochen heißt auch, zu überlegen was ich zubereiten will. Und Kochen heißt natürlich auch immer Einkaufen. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, fast alles auf Märkten zu besorgen, bei Erzeugern aus der Region. Und dann bevorzugt bei Biobetrieben. Es ist aber noch mehr als das Besorgen. Ich gehe immer zu Fuß auf die Märkte. Die sind in der Innenstadt, an der Konstablerwache oder in der Schillerstraße. Der Markt bei mir um die Ecke interessiert mich nicht, der liegt zu nah. Ich brauche das Spazieren. Alles gehört zusammen. Oft schleppe ich zwei volle und auch recht schwere Stoffbeutel nach hause, in der Umhängetasche noch eine Flasche Riesling vom Winzer auf dem Markt. Aber ich mache das gerne, es gehört dazu. Zuhause werden die Schätze in der Küche ausgebreitet. Und dann wird irgendwann angefangen zu kochen. Zunächst muss jedoch der richtige Wein im Glas sein, und, ganz wichtig, die passende Musik ausgewählt (früher habe ich zum Beispiel sehr gerne Frank Zappa beim Kochen gehört). Dann ist alles bereit. Vom Spazieren, über den Einkauf auf dem Markt, hin zum Schnibbeln und Zubereiten bis zum Wein und der Musik, all das gehört zusammen. Oft rundet das Ganze ein Espresso und ein Schnaps ab. Nicht zu vergessen der Abwasch, denn ich habe keine Spülmaschine. Das ist Kochen für mich. Und wenn das Ergebnis auch noch schmeckt, umso besser. Das kommt so etwas wie Glück sehr nahe. Da ich den esoterischen Begriff „ganzheitlich“ hasse, ist es für mich einfach eine runde, sehr beglückende Angelegenheit.

Küchenecke

Vor Kurzem habe ich angefangen, Gäste in meine Improvisationsküche einzuladen. Immer nur einen oder eine. Wir leben schließlich in Zeiten der Pandemie. Die Gäste gehen ein gewisses Risiko ein, weil ich ja nie weiß, ob es halbwegs gelingt oder nicht. Sind dann halt auch Versuchskaninchen. Zur Not bleiben immer noch Spiegeleier, Käse oder Thunfisch. Bislang waren sie aber immer zufrieden.

Essen ist etwas völlig anderes. Vor allem alleine essen. Essen geht zu schnell. Mein Vater sagte immer, zwei Stunden gekocht, in zehn Minuten gegessen. Wenn es schmeckt und ich habe es zubereitet, klar, siehe oben. Im Grunde finde ich Essen lästig, es muss halt sein. In Gesellschaft ist das was anderes. Das macht Spaß. Ein gutes Gespräch beim Essen mit einem oder mehreren lieben Menschen ist natürlich immer ein wunderbares Erlebnis. Natürlich ganz besonders wenn es schmeckt.

Meine Essgewohnheiten haben sich auch verändert im Laufe der Zeit. In jüngeren Jahren war das Frühstück immer die wichtigste Mahlzeit des ganzen Tages für mich. Da habe ich den Tisch gedeckt, bin losgelaufen, habe Brötchen und Zeitung geholt und diesen Tagesauftakt tatsächlich genossen und zelebriert. Dazu sollte ich wohl sagen, dass ich nichts zu Mittag esse. Ich frühstücke und später gibt es Abendessen. Zwischendrin etwas Obst oder auch was Süßes. Meine Frühstücksgewohnheiten haben sich mittlerweile komplett geändert, was vielleicht auch daran liegt, dass ich keine Lust habe, morgens, verschlafen, das Rad aus dem Keller zu holen um bei einem guten, aber entfernten Bäcker Brötchen zu holen. Ich habe Brot vom Markt, decke keinen Tisch mehr, sondern schmiere mir Brote in der Küche während der Tee zieht. Jeden Tag dasselbe, mehr oder weniger.

Eine Ausnahme muss ich machen zu Rezepten und Kochbüchern. Vor vielen Jahren habe ich gerne Sachen aus der „Kräuterküche“ von Maurice Mességué ausprobiert. Oft so kompliziert, dass ich auf Anleitungen angewiesen war. Meine Hits waren z.B. Kaninchen in provenzalischer Kapernsauce oder Hähnchen in Estragonsauce. Ich sollte mich vielleicht mal von Mességué zu Improvisationen inspirieren lassen.

Mal sehen, was ich am Donnerstag auf dem Markt kaufe.

Keep On Cooking In A Free World.

Wonach schmeckte Deine Kindheit?

Inspiriert von Doris Dörries Buch Die Welt auf dem Teller hat Wibke Ladwig ein „Blogstöckchen“ in den virtuellen Raum geworfen. Eine Woche lang stellt sie täglich eine Frage zum Thema Kochen und Essen, die alle, die sich bemüßigt fühlen, in irgendeiner Form beantworten können. Schlauerweise hat sie sich für die Aktion den Diogenes Verlag als Unterstützung ins Boot geholt. Eine sehr schöne Aktion, bei der ich gerne mitmache. Mehr dazu hier.

Mir gefällt das Thema, habe ich mich doch, nicht zuletzt bedingt durch Corona, in den letzten Monaten mehr mit dem Kochen beschäftigt. Nicht dass ich früher nicht auch schon gerne gekocht hätte, ich war jedoch wenig einfallsreich und risikoscheu, außerdem oft schlicht unfähig. Jetzt traute ich mich auch an Sachen, die mir bislang unvertraut waren. Die Ergebnisse poste ich anschließend auf Facebook, incl. des Weins den ich getrunken und der Musik, die ich beim Kochen gehört habe. Für mich gehört das alles zusammen. Eigentlich kann ich nicht kochen, zu oft habe ich irgendwas verkocht, in der Pfanne über Gebühr geschwärzt oder im Ofen vertrocknen lassen. Aber ich lerne. Nicht zu viel Hitze und nicht zu viel Öl, damit fahre ich mittlerweile ganz gut. Improvisationsküche nenne ich die ganze Angelegenheit, weil mich Rezepte nicht so besonders interessieren, insbesondere Mengenangaben. Ich schaue dort nach den Basics, der Rest ergibt sich. Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass ich meine Küche nicht mag. Es ist kein Platz für einen Tisch und die Arbeitsfläche ist sehr schmal. Außerdem steht der Herd links vom Schneidebrett, was ich, als Rechtshänder, sehr lästig finde. Zu allem Überfluss ist die Ceran-Kochfläche, aus Gründen, die nur der Vormieter kennt, schräg. Langsam gewöhne ich mich dran. Aber immerhin ist der Ausblick aus dem Fenster schön.

Die erste Frage, die Wibke stellte, lautete: „Glück, Heimat, Trost, Abenteuer oder „Igittigitt“: Wonach schmeckte Deine Kindheit?“

Das ist für mich gar nicht so leicht zu beantworten, denn meine Kindheit hatte vielerlei Geschmäcker. Meine Mutter war eine recht gute Köchin (mein Vater hingegen war nicht mal in der Lage ein Spiegelei zu braten), die ein gewisses Repertoire an Gerichten beherrschte, die in schöner Regelmäßigkeit immer wieder auf dem Tisch landeten. Sie machte Sachen, die heute weitgehend vergessen sind, Grüne Bohnen sauer einwecken z. B. Die wurden dann als Saure Bohnen mit Salzkartoffeln und Speck serviert. Eine Köstlichkeit sondergleichen. Sehr gut waren auch ihr Hühnerfrikasse und die Königsberger Klopse. Beides habe ich geliebt. Als ich mich eines Tages an Frikasse versuchte, war ich enttäuscht. Ich kam nicht annähernd an den Geschmack heran, den meine Mutter gezaubert hatte und der mir vorschwebte. Manchmal blieb die Küche auch kalt. Etwas Besonderes war es dann, wenn Tartar besorgt wurde. Das auf frischem Brot, köstlich. Dazu gab es merkwürdigerweise immer Kakao, aufgekocht mit richtigem Pulver. Instantzeug gab es damals noch nicht, und wenn doch, dann gab es das bei uns nicht. Der Nachteil war, dass der Kakao von einer unappetitlichen Haut überzogen war. Das hat das Vergnügen doch merklich geschmälert. Bei Süßkram denke ich sehr gerne an den Griesbrei mit Pflaumenkompott. Auch das habe ich seit Kindertagen nicht mehr gegessen.

Ein besonderer Festtag aber war, wenn meine Mutter Schinkennudeln auf den Tisch brachte. Sie nutzte dazu einen Topf aus feuerfestem Glas. Dort füllte sie die vorgekochten Bandnudeln ein, gab Sahne, gewürfelten Kochschinken und Gewürze bei, rührte um und stellte den Topf in den Backofen. Oben bildete sich dann eine köstliche, knusprige Kruste, die von allen sehr begehrt war. Im Innern waren die Nudeln schön saftig und flutschig. Dazu gab es immer einen grünen Salat, der leicht gezuckert sein musste. Es war immer wieder ein Fest. Meine Mutter jedoch mochte keine Nudeln. Ihre Leibspeise waren Kartoffeln. Mit einem Teller voller Erdäpfel, etwas Soße und Gemüse war sie glücklich. Den Glastopf habe ich aus dem Nachlass meiner Eltern gerettet und benutze ihn sehr gerne. Schinkennudeln fanden bislang in der Improvisationsküche noch nicht statt, das wird aber demnächst nachgeholt.

Der Glastopf

Ein anderes Fest waren ihre eingelegten Heringe. Sie füllte dazu einen schmalen, hohen Steinguttopf mit den Heringen, Sahne, Zwiebeln, Gurken und Gewürzen und ließ das alles eine Weile ziehen. Auf den Teller kam diese kulinarische Sensation in Begleitung von Salzkartoffeln und Butter. Um den Inhalt auf die Teller zu verteilen, nutze sie einen langen schmalen Löffel, dessen Griff das Wort „Weck“ zierte. Vielleicht ein Löffel, um beim Kochen von Marmelade die Fruchtmasse umzurühren. Ich habe keine Ahnung. Topf wie Löffel befinden sich heute ebenfalls in meiner Küche, der erste beherbergt Kochlöffel und anderes Werkzeug, der Löffel fristet wohl behütet seinen Ruhestand. Heringe werde ich sicherlich niemals einlegen, ich liebe aber nach wie vor Matjes Hausfrauenart.

Der Steinguttopf

Guten Appetit.