19. März 2014

Gestern fand erneut der MedienMittwoch statt, eine Veranstaltungsreihe an wechselnden Orten, die sich zum Ziel gesetzt hat „Networking und Gedankenaustausch zwischen Medienschaffenden, der Finanzwirtschaft und der Politik“ zu ermöglichen. Ich war zum zweiten Mal dabei. Der Anlaß für die gestrige Veranstaltung war das Lichter Filmfestival, das am kommenden Dienstag startet. Das Festival steht in diesem Jahr unter dem Motto Humor und der MedienMittwoch diente als Auftaktveranstaltung.

Leo Fischer liest u.a. aus den "Fröhlichen Hundegeschichten".

Leo Fischer liest u.a. aus den „Fröhlichen Hundegeschichten“.

So wurde zu Beginn von einem der Macher des Festivals eine kurze Einführung in das Filmfest gegeben. Als Gast war, getreu des Mottos, Leo Fischer geladen, der seit kurzem den Ehrentitel Ehemaliger Titanic-Chefredakteur tragen darf. Er sollte aus seinem neuen Buch lesen, das unter dem Titel „Fröhliche Hundegeschichten“ Titanic-Kolumnen Fischers versammelt und im Mai bei Eichborn erscheint. Es war vielleicht der Titel, der die zahlreichen Gäste in das Gebäude namens VAU an der Mainzer Landstraße lockte. Aber Fischer enttäuschte die Erwartungen, jedenfalls teilweise. Er las nämlich nicht nur seine Hunde-Kolumnen, die so fröhlich gar nicht sind, sondern auch andere Texte aus der Titanic oder dem Neuen Deutschland. Schnell wurde deutlich, daß sich dort nicht das typische, titanicaffine Publikum versammelt hatte und es dauerte etwa 20 Minuten bis die Ersten aufstanden und gingen. Als Fischer nach einer Stunde endete, hatte sich der hörsaal-ähnliche Raum deutlich geleert. Also alles richtig gemacht, Leo. Das verbliebene Publikum hatte seinen Spaß, ich auch.

Auf das anschließende Networking habe ich verzichtet.

In der Nacht von einer ehemaligen Kollegin geträumt, die anders aussah, von einem Opel Elektroauto, das anders aussah und einem Hund, der anders aussah.

7.März 2014

Apostoloff mit Lesezeichen

Apostoloff mit Lesezeichen

Als ich gestern Abend meine Regale durchforstete um die Bücher von Sybille Lewitscharoff auszusortieren, fand ich nur ein einziges – Apostoloff von 2009. Pong, ihr hochgelobtes Debut aus dem Jahr 1998, damals im Berlin Verlag erschienen, war nicht dabei. Freunde arbeiteten in dem Verlag und ich dachte, sie hätten mir ein Exemplar geschenkt. War aber nicht so. Statt dessen fand ich also Apostoloff in der zweiten Reihe des Regals mit den ungelesenen Büchern. Es ist ein Leseexemplar aus dem Suhrkamp Verlag. Zwischen den Seiten 26/27 steckte ein Lesezeichen. Weiter bin ich wohl nicht gekommen. Ich nutze gerne irgendwelche Eintrittskarten zu Museen, Konzerten etc. als Lesezeichen und lasse sie nach der Lektüre in den Büchern. Dann stelle ich mir vor, wie jemand nach meinem Ableben die Bücher durchblättert, Spuren von mir entdeckt und sich denkt: Aha, an diesem Tag war der also in dieser Ausstellung oder jenem Konzert.

Das Lesezeichen aus dem Lewitscharoff-Roman ist eine Eintrittskarte für das Empire State Building vom 13. September 2008. Es war der letzte Tag einer aufregenden Woche, die ich mit einer Freundin in New York verbrachte. Um 12 Uhr 17 kauften wir für $19,- unsere Tickets. Wir mußten erst am frühen Abend am Flughafen sein, an verschiedenen Terminals. Sie flog nach München, ich nach Frankfurt. Die verbleibende Zeit nutzten wir für den Besuch des berühmten Gebäudes.

Blick vom Empire State Building am 13. Sept. 2008

Blick vom Empire State Building am 13. Sept. 2008

Daß mir ausgerechnet an diesem Abend die Eintrittskarte wieder in die Hände fällt, ist ein schöner Zufall. Kurz zuvor hatte ich mich am Tresen des Klabunt mit einer flüchtigen Kneipenbekannten und dem Zapfer über unsere New-York-Reisen unterhalten. Wir sprachen über einen Pastrami-Laden, der unlängst im Bahnhofsviertel eröffnet hatte. Über der Frage, was Pastrami sei, landeten wir schließlich bei Bagels und so in NY. Meine Tresennachbarin mochte sie nicht, ich habe sie geliebt und regelmäßig im Cafe 28 auf der 5th Av. mit Creamcheese zum Frühstück gegessen. Und dann ließ mich das unsägliche Geschwätz von Frau Lewitscharoff das Empire-State-Ticket wiederfinden. Ich hätte nicht mehr gewußt, wo es ist. Apostoloff werde ich nachher in den offenen Bücherschrank stellen.

Dieser 13. September 2008 war auch der Tag, an dem das Ende von Lehman Brothers besiegelt wurde. In den nächsten Wochen bebte die Welt und wir alle wurden zur Kasse gebeten, um Banken zu retten, die wir nicht zerstört hatten.

Mein Ohrring war schon wieder weg. Ich habe ihn aber schnell wiedergefunden, an einem unerklärlichen Ort.

6. März 2014

Gegen 13 Uhr sollte ich in Wiesbaden sein. Ich hatte einen Termin mit meinem Verleger. Nun gut „mein Verleger“ klingt etwas hochtrabend, und dennoch stimmt es – auch wenn ich kein Autor bin. Wir hatten einige Dinge zu besprechen. Die passende U-Bahn sollte mich um 11 Uhr 33 zum Hauptbahnhof bringen. Wenn ich es vermeiden kann U-Bahn zu fahren, tu ich es. Daher hatte ich nicht bedacht, daß der RMV jetzt auch diese schicken Fahrkartenautomaten mit Touchscreen einsetzt.

RMV Fahrkartenautomat

RMV Fahrkartenautomat

Für einen Menschen mit normalen feinmotorischen Fähigkeiten, also jemanden wie mich, ist es völlig ausgeschlossen, fehlerfrei seinen Zielbahnhof einzutippen. Es ist reine Glücksache, den richtigen Buchstaben zu treffen. Nach fünf bis sechs Versuchen war es mir gelungen „Wiesbaden“ in das entsprechende Feld einzugeben. Damit nicht genug. Der Apparat verlangte nähere Informationen, Hauptbahnhof beispielsweise. Es gibt auch ein Feld, in das man die zweistellige Nummer des Zielbahnhofs eingeben kann. Nur daß diese Nummer nirgends angezeigt wird. Als ich endlich, kurz vor dem Nervenzusammenbruch, mein Ziel fehlerfrei eingegeben hatte, stellte ich fest, daß ich nur einen 50-Euro-Schein hatte. Damit kann der Ticketautomat nichts anfangen. Dann fahre ich halt ohne Fahrschein, dachte ich mir und rannte die Rolltreppe runter in den Schacht – um die Rücklichter der 11:33 im Tunnel verschwinden zu sehen.

Mein Verleger ist ein netter und verständnisvoller Mensch. Es sei egal, wenn ich eine Stunde später käme, sagte er mir am Telefon, er sei ohnehin da. Also ging ich einkaufen, nicht zuletzt um den Geldschein in automatentaugliche Einheiten zu wechseln.

Das Gespräch verlief dann erwartet unkompliziert. Nach nur anderthalb Stunden waren die wichtigen Fragen geklärt und das weitere Vorgehen abgestimmt. Sehr zufrieden machte ich mich auf den Weg zum Wiesbadener Hauptbahnhof und versüßte mir die halbe Stunde Wartezeit mit einem Capuccino und einer Nußecke. Der Wiesbadener Hauptbahnhof ist ein schöner Kopfbahnhof, der auch über einen großen Fahrradparkplatz verfügt. Sowas hat der doppelt so große Frankfurter Bahnhof nicht.

Der dortige Fahrkartenautomat bereitete mir keine Probleme, für mein Ziel Frankfurt/City mußte ich nur den Button oben links drücken und einen passenden Schein in den Schlitz schieben.

Daß es einen entsprechenden Button für Wiesbaden auch bei den Frankfurter Automaten gibt, habe ich erst gemerkt, als ich wieder zurück war.